10 Erfindungen des Mittelalters, die wir heute noch benutzen

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Das Mittelalter wird häufig als eine düstere und rückständige Epoche verschrien, in der alle in schmutzigen Lumpen herumliefen, in einfachen Bauernhütten ohne jeden Komfort hausten und die Menschen generell ungebildet, abergläubisch und ignorant waren. Welche Erfindungen, die so toll sind, dass wir sie heute noch verwenden, soll denn damals schon gemacht worden sein?

Doch wie jede Epoche hatte das Mittelalter seine guten und schlechten Zeiten. Nach einer schwierigen Phase im Frühmittelalter, als die Menschen damit kämpften, die Folgen des Zusammenbruchs des Römischen Reiches zu überwinden, kam es im Hoch- und Spätmittelalter zu einem deutlichen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung. Und in dieser Zeit wurden in vielen Bereichen die Leistungen der Antike übertroffen und es entstanden Erfindungen, die wir heute noch verwenden:

10. Branntwein/Spirituosen

Darstellung einer mittelalterlichen Destillieranlage für Branntwein (1512)

Zwar gehört Bier zu den ältesten Erfindungen der Menschheit und Wein wurde in den antiken Zivilisationen der Römer und Griechen in rauen Mengen erzeugt und getrunken, aber „Höherprozentiges“ war erst seit dem Mittelalter möglich

Für die Produktion desselben ist die Technik der Destillation nötig. Zwar verfügten zuvor bereits die Chinesen und alten Ägypten über einfache Destillier-Geräte, mit denen sie aber nur Parfüm produzierten.

Doch mit den verbesserten mittelalterlichen Destillier-Anlagen zusammen mit der neuen Erfindung der Wasserkühlung (14. Jahrhundert) gelang es im späten Mittelalter Branntwein, Schnaps und Likör in grossen Mengen und hoher Qualität zu produzieren

9. Sanduhr

Diese Wandmalerei zeigt eine Frau, die auf eine Sanduhr blickt (1340)

Heute findet man sie nur noch als Zierstück, oder vielleicht als Zubehör bei Brettspielen. Aber immerhin wird diese Erfindung des Mittelalters heute noch verwendet

Die Sanduhr wurde sogar recht spät im Mittelalter, Anfang des 14. Jahrhunderts, vermutlich in Italien erfunden. Zu dieser gab es bereits die ersten mechanischen Uhren mit Ziffernblatt. Allerdings war die Sanduhr einfacher herzustellen. Sie war gerade bei kurzen Messungen wesentlich genauer und besser zu bedienen. Oft wurde sie daher auf Schiffen verwendet, wo es die sehr klobigen mechanischen Uhren die es zu dieser Zeit gab, durch die ständigen Erschütterungen noch ungenauer waren, als sowieso schon. Zudem war die Mechanik von „richtigen Uhren“ anfällig für Korrosion durch das Salzwasser

Tatsächlich wurden Sanduhren in der Seefahrt noch weit bis ins 18. Jahrhundert zur Zeitmessung und daraus abgeleitet auch zur Positionsbestimmung verwendet

Noch in den 1980er Jahren wurden in Deutschland kleine Sanduhren verwendet, um die Dauer eines Telefongespräches besser abzuschätzen.

8. Ziffernblatt / mechanische Räderuhr

Abt deutet auf Kirchenuhr (1380)

Die antiken Völker verwendeten zur Zeitmessung Wasser- oder Sonnenuhren. Erst im Mittelalter wurde die sogennante Räderuhr erfunden, mit einem Zeiger (mittelalterliche Uhren hatten nur einen Stundenzeiger), der, angetrieben von einer Mechanik sich um die eigene Achse dreht und auf den Ziffernblatt „die richtige Stunde“ anzeigt.

Die ersten „praxistauglichen“ Räderuhren wurden vermutlich an der Schwelle des 14. Jahrhunderst entwickelt. Sie waren einfache mechanische Konstrukte, die den Mönchen zeigten wann es Zeit für das Gebet war oder den Türmer, wann es Zeit war die „Stunde zu schlagen“. Doch bald darauf sah man sie mit eindrucksvollen Ziffernblätter an den Türmen der Städte.

7. Universität

Kupferstich von 1350 zeigt eine Vorlesung

Eine Universität ist ein Ort, der über eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber König und Kirche („Akademische Freiheit“) verfügt und an dem Studenten aus allen Regionen zusammenströmen um sich dort in verschiedenen Fachbereichen zu bilden. Die Lehrenden sollten dabei über eine gewisse Qualifikation und Fachwissen verfügen. Zudem kann eine Universität akademische Titel vergeben

Universitäten sind eine wichtige Erfindung des Mittelalters, die noch heute eine wichtige Rolle spielen. Sie entwickelten sich aus den Klosterschulen des Frühmittelalters. Als er eine der ersten Universitäten gilt die Universität Bologna in Italien. Seit dem Jahr 1088 bis zum heutige Tag ist sie ohne Unterbrechung in Betrieb. Eine weitere besondere Eigenschaft ist, dass dort schon zu mittelalterlichen Zeiten Frauen dort studieren und Vorlesungen gaben – im Gegensatz zu den meisten anderen mittelalterlichen Universitäten

6. Schubkarre

Nachbau einer Mittelalterlichen Schubkarre

Auf jeder Baustelle sind sie heute noch unverzichtbar, denn sie sind ideal um schweres oder sperriges Material auf einfache Weise zu bewegen.

Auch die Schubkarre ist eine Erfindung des Mittelalters. Zu mindestens gibt es keine Belege, dass im antiken Rom oder in Griechenland Schubkarren verwendet wurden, obwohl die Idee einer Schubkarre auf der Hand zu liegen scheint. Dagegen gibt es vielerlei Quellen, die Schubkarren im Einsatz auf mittelalterlichen Baustellen zeigen oder wo von Schubkarren die Rede ist. Die älteste noch erhaltene Schubkarre stammt aus Ingolstadt, wurde allerdings im Jahr 1537 gebaut, also kurz nach dem Ende des Mittelalters

Die ersten Schubkarren tauchten im 12. Jahrhundert auf. Ab dem 13. Jahrhundert hatte sie sich im Baugewerbe, im Bergbau und der Landwirtschaft durchgesetzt. Allerdings blieben sie während des Mittelalters immer ein „wertvolles Gefährt“, auf das man gut aufpasste und waren keine Massenprodukte wie heute

5. Kloster

Das Kloster von St. Urban in einer Darstellung von 1630

Zwar gab es schon in der Spätantike sehr einfache „Einsiedler-Klöster“ in Ägypten und der Türkei. Doch das „typische Kloster“, wie wir es kennen, mit Wirtschaftsgebäuden inklusive einer Brauerei und landwirtschaftlichen Betrieb und mehrstöckigen Steingebäuden, in denen die Mönche untergebracht sind, ist eine Erfindung des Mittelalters.

Die ersten Klöster entstanden im Frühmittelalter, nur wenige Jahre nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches, als viele eine neue Ordnung suchten und in der monastischen Lebensform fanden. Aber ist das Klöster wirklich eine Erfindung, die wir heute noch verwenden? Jein, zwar sind Klöster (die noch in Betrieb sind) heutzutage eine Rarität und haben heute nicht mal ansatzweise den Stellenwert , den sie im Mittelalter hatten, doch leben im heutigen Europa noch Hunderttausende als Mönch oder Nonne in einem Kloster. Ein Beispiel hierfür ist die Abtei Saint-Maurice in der heutigen Schweiz. Seit ihrer Gründung im Jahr 515 ist sie durchgehend in Betrieb.

4.Globus

Der Erdapfel vom Martin Behaim (1492)

Heute findet man Globi als dekorativen Einrichtungsgegenstand in Wohnzimmern oder sie dienen in Schulen als Lehrmaterial

Erstmalig wurde ein Globus unter Führung des reichen deutschen Tuchhändlers Martin Behaim konstruiert in den Jahren 1490-1492 gegen Ende des Mittelalters. Zwar war in der Antike (und übrigens auch während des gesamten Mittelalters) bekannt, dass die Erde eine Kugel ist und es existierten auch schon Karten. Aber vor den Schritt einen Globus, der die Erde als Miniatur in ihrer Kugelformel zeigen sollte, zu erschaffen, schreckten bisher alle zurück

Es war auch eine ziemliche Arbeit: Behaim griff auf die geographischen Werke von antiken Autoren zurück, aber auch die Reiseberichte von Marco Polo. Während Europa und die Nordküste Afrikas auf dem Globus noch sehr akkurat dargestellt sind, wird es in entfernteren Gestaden sehr fantasiereich und der kartographische Wert geht gegen Null. Im chinesische Meer sind Phantominseln aufgemalt, von denen Behaim in einem Reisebereicht gelesen hatte, die aber in Wirklichkeit gar nicht existieren. Amerika war noch gar nicht auf dem Globus drauf, denn Kolumbus war zur Zeit der Konstruktion noch nicht von seiner Entdeckungsreise zurückgekehrt

3. Brille

Heute tragen rund 2 Milliarden Menschen weltweit eine Brille, um eine Sehschwäche auszugleichen. Die Brille kann damit als eine der bedeutendsten und meist genutzten Erfindungen aller Zeiten bezeichnet werden.

Erfunden wurde die Brille Ende des 13. Jahrhunderts in Italien. Bei den Linsen handelt es sich um geschliffene Halbedelsteine die wie ein Vergrößerungsglas wirkten. Die Brillen des Mittelalters dienten also als reine Lesebrillen und sie hatten noch keinen Bügel, sondern wurden auf die Nase gesetzt.

2. Knopf-Knopfloch-Prinzip

Diese mittelalterliche Erfindung ist sicherlich die heute noch am meiste verwendete. Denn fast jeder wird täglich ein oder mehrere Kleidungsstücke auf- und wieder zu knöpfen

Die Erfindung erscheint so simpel und naheliegend, dass man sich wundert, dass sie nicht schon viel eher gemacht wurde. Denn Knöpfe gab schon zu antiken Zeiten und davor, aber sie dienten als reine Schmuckstücke und hatten keinen praktischen Zweck. Die Idee ein Kleidungsstück an Ort und Stelle zu halten, indem man einen Knopf durch ein Knopfloch steckt, wurde erst im Hochmittelalter umgesetzt, wahrscheinlich stammt diese Erfindung sogar aus Deutschland.

Zuvor verwendet man eine Art Sicherheitsnadel (Fibel), um Gewänder zusammenzuhalten oder man schnürte sie zusammen oder man verwendete 2 Schlaufen, die man irgendwie verknotete. Man kann sich denken, dass diese Methoden nicht geeignet waren, um Kleidung wirklich enge und „bombensicher“ zusammenzuhalten und es generell eine ziemliche Fummelei war

1. Abschaffung der Sklaverei

Einer der grossen Errungenschaften des Mittelalters, die oft übersehen wird, ist die Abschaffung der Sklaverei. In der antiken Welt waren Sklaven unverzichtbar und wurden nie in Frage gestellt. So waren im Römischen Reich 40% der Bevölkerung Sklaven ohne jegliche Rechte. Aber auch im alten China, aus dem ebenfalls wichtige Erfindungen kommen, die wir heute noch verwenden (die ersten Feuerwaffen + Schiesspulver, Kompass) und der arabischen Welt, die zur Zeit des Mittelalters ebenfalls einen kulturellen Höhepunkt erreichte (die „Arabische Zahlschrift“, die wir heute noch verwenden) war die Sklavenhaltung selbstverständlich und weit verbreitet.

Während im Frühen Mittelalter Sklaven noch im großen Stil gehandelt und zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden, wurden im Hochmittelalter und Spätmittelalter ausgehend von der christlichen Lehre die Sklaverei kritisch gesehen und verlor nach und nach an Bedeutung. So findet sich im Sachsenspiegel, ein bedeutendes deutsches Rechtsbuch von 1230 der Satz: „Unfreiheit sei demnach ein Unrecht, welches durch Gewohnheit für Recht gehalten werde. Da der Mensch Gottes Ebenbild sei, gehöre er nur ihm und sonst niemanden.

Heutzutage ist in sämtlichen Ländern die Sklavenhaltung (offiziell) verboten. Als letztes Land verbot Mauretanien im Jahr 1981 die Sklaverei